Edition Futur zwei
Franzi Groszer
Berlin

Immer wusste ich, dass ich immer schreiben würde. Immer wusste ich, dass ich immer malen und zeichnen würde. Mit dreizehn war ich entschlossen, Malerin zu werden, mit vierzehn Schriftstellerin. In meinem ersten Leben war es dann doch das Schreiben, das zu einem dauerhaften Unterstrom in meinem Leben wurde. Meine erste öffentliche Lesung war zugleich auch meine letzte. Und veröffentlicht habe ich dann erst im Westen. Aber immer habe ich, wenn auch mit Unterbrechungen, gezeichnet oder gemalt oder mit irgendwelchen Materialien gespielt. In meinem zweiten Leben hat sich die Gewichtung verkehrt, nun ist es die Grafik, die meinen Unterstrom bildet. Deswegen habe ich meine Edition Futur zwei genannt. Diese faszinierende grammatische Form vereint Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Ich, das sich in der Gegenwart befindet, sieht zugleich voraus und bindet darin das Vergangene: Ich werde gelebt haben.

Die Edition umfasst eine Reihe von Collage-Heften, die ich Berliner Zeug genannt habe. Alle für die Collage verwendeten Papiere sind von mir bedruckt. Ich verwende vorzugsweise Aqua-Linoldruckfarbe. Gedruckt werden die Collagen auf Karton und Büttenpapier.Die Künstlerbücher in einer imponierenden Auflage von einem Exemplar sind von Hand gedruckt, bemalt, bezeichnet, bedruckt, geleimt, gebunden… Texte mit den Buchstaben aus alten Setzkästen gestempelt, in unterschiedlichen Formaten, von 14 x 18 cm bis 18 x 26 cm – ungefähr… Ich verwende eigene Texte wie in Wege und Worte, oder Gedichte von Paul Celan, Inger Christensen, Peter Huchel, Ernst Jandl… Das Gedicht Gespräche mit Baumrinden von Celan habe ich in acht verschiedenen Arten als Hefte gestaltet. Und auch Ick liebe dir  gibt es einmal als gebundenes Buch mit Holz- und Linolschnitten im Querformat und als Druck- und Malereicollage im Hochformat.

Die Objekte zwischen den Heften und Büchern sind in einer ständigen Metamorphose begriffen, gebrechliche Einrichtungen des Augenblicks, wie Kleist auf das Leben bezogen sagt. Und Zurechtlegungen, die nicht bis zum nächsten Schritt halten. Gebilde aus Draht, Holz, Metall, Fundstücken aller Art…

Die Hefte und Bücher sollten gesehen werden, in der Hand gehalten; die unterschiedlichen Papiere und der bedruckte Karton befühlt. Das wird irgendwann wieder möglich sein, in meiner Werkstatt, in Ausstellungen …

Berliner Zeug: Ick sitze da und esse Klops
Berliner Zeug: he, du
Berliner Zeug: Ick liebe dir
Berliner Zeug: Holder Engel, Süsser Bengel

Holder Engel, süsser Bengel, vielgeliebtes Trampeltier.  Augen haste wie Sardellen, alle Ochsen gleichen dir.  Dein Herz schlägt wie ein Pferdefuß an meinelinke Wade. Ich bin gerührt wie Apfelmus und flüssig wie Pomade.